Mit einer „inneren Kultur“ jedes Ziel erreichen – unter anderem 100 werden

13.03.2024 6 Min. Lesezeit Blog | Newsletter | Strategie | Transformation

Auch wenn das Altwerden nicht das primäre Lebensziel der 100-Jährigen aus den sogenannten „Blue Zones“ ist, haben sie ihr hohes Alter ihrer Lebensweise zu verdanken – ihrer tief verwurzelten „inneren Kultur“, die sie ganz intuitiv leitet und gesund und zufrieden sehr alt werden lässt. Doch was steckt genau dahinter? Was macht eine „Blue Zone“ aus?

Anna Ulmer mit ihrer Oma beim Backen.

Der Autor Dan Buettner ist dem Ganzen auf den Grund gegangen und hat sich zusammen mit einigen Wissenschaftlern auf eine Reise durch die Welt gemacht, um Gegenden zu finden, in denen Menschen außergewöhnlich alt werden und am längsten gesund bleiben. Er konnte dabei sechs solcher „Blue Zones“ identifizieren:

  1. Sardinien (Italien)
  2. Nicoya-Halbinsel (Costa Rica)
  3. Loma Linda (Kalifornien)
  4. Ikaria (Griechenland)
  5. Okinawa (Japan)
  6. Singapur

Bereits seit den frühen Nullerjahren befasst sich der National Geographic Autor Dan Buettner mit dem Thema Langlebigkeit und bereist über die Jahre hinweg immer wieder diese Gegenden, beobachtet alles genau, interviewt die dort lebenden Menschen und nimmt bei jedem Besuch neue Erkenntnisse mit nach Hause. Zuletzt kehrte er für eine Netflix-Serie in sämtliche Blue Zones zurück und dabei entstand neben einer Mini-Dokuserie auch das Buch „Das Geheimnis der 100-Jährigen“.

Sardinien (Italien) – Vino, famiglia e grande tradizione


Die Blaue Zone der Insel konzentriert sich auf eine Ansammlung von Bergdörfern. Hier laufen die sardischen Hirten täglich acht Kilometer oder mehr, und das teilweise auch bergauf – das hält fit und ist gelenkschonender als der Gang ins Fitnessstudio. Traditionell isst man in den sardinischen Dörfern bäuerliche Produkte wie Vollkornsauerteigbrot, Obst, Gemüse, Olivenöl, Pecorino und Milchprodukte aus Ziegenmilch – Fleisch gibt es nur zu besonderen Anlässen. Der tägliche Rotwein – natürlich in Maßen – wirkt arterienreinigend und vermindert die Stressanfälligkeit. Das Leben spielt sich hauptsächlich um und in der Familie ab. Für jeden wird gesorgt, man unterstützt sich gegenseitig und lernt voneinander – zum Beispiel wie man Culurgiones (gefüllte Teigtaschen) macht. Den hohen Gemeinschaftssinn sieht man nicht nur in der Familie, sondern auch bei traditionellen Festen oder in der Kirche.

Beliebtes Gericht: die Minestrone

Nicoya-Halbinsel (Costa Rica) – „pura vida“ in der Sonne


Auch die 100-Jährigen Nicoyaner leben bei und mit ihrer Familie und haben so das Gefühl gebraucht zu werden. Sie bleiben in Bewegung, indem sie ihr Leben lang Freude an körperlicher Arbeit haben, reiten, tanzen und ihren Garten pflegen. Sie genießen ihr Leben in vollen Zügen (pura vida) und halten sich regelmäßig in der Sonne auf. Auffällig ist das harte Wasser auf Nicoya. Es enthält sehr viel Kalzium, was die wenigen Herzerkrankungen und kräftigen Knochen erklären mag. Auch erstaunlich ist die geringe Kalorienaufnahme der Nicoayner, etwa 1.800 kcal pro Tag. Gegessen wird hauptsächlich meso-amerikanische Kost, welche geprägt wird von den „drei Schwestern“: Bohnen, Mais und Kürbis. Aber auch Kräuter, Schwarze Bohnen, Papaya und Kokosnuss stehen auf dem Speiseplan. Die Nicoyaner finden Sinn in der Arbeit, in der Familie und in der Tradition und leben ein ruhiges stressfreies Leben.

Beliebtes Gericht: Picadillo de Chayote (Mischgemüse mit Mais)

Loma Linda (Kalifornien) – der Glaube als Ruhepol


Loma Linda ist eine Gemeinde der Siebenten-Tags-Adventisten https://de.wikipedia.org/wiki/Siebenten-Tags-Adventisten. Die Bewohner ernähren sich überwiegend vegetarisch und feiern gemeinsam den Sabbat, bei dem sie „runterfahren“ und sich auf die Familie, Gott, soziale Beziehungen und die Natur besinnen. Viele der 100-Jährigen sind ehrenamtlich tätig, gehen viel spazieren oder zum Schwimmen. Man trinkt viel Wasser und isst früh zu Abend. Es gibt leichte Kost, was einen besseren Schlaf und niedrigeren BMI fördert. Adventisten essen mindestens fünfmal pro Woche Nüsse, welche ebenso wie der niedrige BMI und die moderate Bewegung, gut für das Herz sind. Weitere Zutaten für ein langes Leben sind: Avocados, Bohnen, Cornflakes, Orangen, Kräuter, Haferflocken, Sojamilch, Spinat und Brokkoli. Der Supermarkt wird dominiert von fleischlosen Produkten und regionalen Bio-Erzeugnissen.

Beliebtes Gericht: vegetarischer Gumbo (Südstaaten-Eintopf)

Ikaria (Griechenland) – hier wird wenig auf die Uhr geachtet


Auf der Insel Ikaria geht man alles etwas gemächlicher an. Ein tägliches Nickerchen, Dominopartien bis in die Nacht, weite Fußwege zum Nachbarn oder ins Dorf und gemütlich gemeinsam Zeit verbringen bei ikarischen Kaffee oder Kräutertee. Dieser wird übrigens selbst gesammelt und hat eine stark antioxidative Wirkung. An den salzigen Felsküsten findet man auch Meerfenchel, Petersilie, Löwenzahn und Chicorée. Im steilen Inselgelände bleibt man auf ganz natürliche Weise in Bewegung: man sammelt, pflanzt und erntet, man macht Honig, Wein und Olivenöl und betreut seine Schafe und Ziegen. Und wie sollte es am Meer anders sein, wird hier auch gerne gefischt. Die hohe Lebenserwartung wird auch von Familien und Freunden gestützt – die Ikarier essen und feiern gerne zusammen, auch im religiösen Umfeld. Es gibt viel Frisches auf der griechischen Insel: Olivenöl, Kräuter, Fenchel, Honig, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Wildes Blattgemüse und Zitronen.

Beliebtes Gericht: Kichererbsensuppe mit Kräutern und Zitrone

Okinawa (Japan) – „die schwindende Blaue Zone“


Die wohl bekannteste und „älteste“ Blue Zone der Welt unterliegt dem Wandel der Moderne. Viele US-Militärs und deren Familien leben auf der kleinen Insel und haben vieles mitgebracht, was es auf Okinawa vorher nicht gab: Fastfood-Ketten, Dosenfleisch, weißen Reis und haufenweise industriell verarbeitete Lebensmittel. Die Lebenserwartung sinkt allmählich und Herzerkrankungen nehmen zu. Doch die Insel ist seit fast tausend Jahren als „Land der Unsterblichen“ bekannt, weshalb sie und ihr „Geheimnis“ bewahrt werden muss.
Die „alten“ Okinawaner führen ein zielorientiertes Leben (ikigai) und haben ein sicheres soziales Netz, das sie in Zeiten der Not auffängt (moai). Das gibt Sicherheit und reduziert Stress – ebenso das Zusammensein mit der Familie. Die Inselbewohner sind offen, liebenswürdig und interessiert. Ihr Garten dient ihnen als Glücksspender und sorgt zusätzlich für Sonne und Bewegung. Auch im Wohnraum ist man aktiv – durch das Sitzen auf Tatami-Matten ist man quasi gezwungen sich dutzende Male am Tag vom Boden zu erheben. Auch Schwimmen, Yoga und Karate fördern sowohl die körperliche als auch geistige Gesundheit der Okinawaner. Ihre Nahrung aus Süßkartoffeln, Tofu und pfannengerührtem Gemüse ist kalorienarm und nährstoffreich. Zudem gibt’s Kurkuma, Miso, Meeresalgen, Pilze, Sesamöl und Bittermelonen, welche Antioxidantien und blutzuckersenkende Stoffe liefern.

Beliebtes Gericht: Tofu-Steak mit Pilzen

Singapur – „auf zu neuen Ufern des Alterns“


Erst in den letzten Jahren ist die Lebenserwartung in Singapur sprunghaft nach oben geschnellt. Hier handelt es sich nicht um eine isolierte Region, wie bei den anderen Blue Zones, doch offenbar hat man hier was für seine alternde Bevölkerung getan. Man schuf einen Lebensraum der Gesundheit und des Wohlbefindens. Die Singapurer lieben Pläne und auch die Regierung hat einen „Healthy Living Masterplan“ erstellt, der jede Menge kreativer Anhaltspunkte für das tägliche Leben enthält, u.a.: Prämien für Gesundheitsprogramme, Anti-Raucher-Kampagne, Ermäßigung und Kennzeichnung besonders gesunder Lebensmittel im Supermarkt, Selbsthilfegruppen oder ein Wettbewerb zur Gewichtsabnahme. Weitere Blue-Zone-Faktoren aus Singapur sind: sicher zu leben, eine gute medizinische Versorgung, finanzielle Absicherung, ein vertrauenswürdiges Umfeld, sich und seinen Werten treu bleiben und Engagement in der Kirche und für die Familie.

Das Geheimnis der 100-Jährigen


Am Anfang dieses Textes schreiben wir, dass das Altwerden nicht das primäre Ziel der 100-Jährigen ist, sondern dass das eher zufällig und intuitiv passiert. Und wie wir sehen, stimmt das! Das Geheimnis liegt in einer ganzheitlichen, und irgendwie auch konsequenten Lebensweise, die sich in ihrer Gesundheit, ihrem Gemüt und in ihrem Alter niederschlägt. Egal in welcher Blauen Zone wir uns bewegen: alle 100-Jährigen folgen unbewusst einer Lebensstrategie: ihrer „inneren Kultur“.
Diese wird sichtbar in einem Geflecht aus verbundenen Faktoren, wie Ernährung, soziale Netzwerke, tägliche Rituale, die physische Umgebung und eine Art Zielbewusstsein. Auch wenn jede der Blue Zones ihre ureigenen Merkmale hat, kann man bemerkenswerte Übereinstimmungen finden:

Wenn man eine eigene Kultur in sich trägt, handelt man ohne nachzudenken ganzheitlich, intuitiv und wirkungsvoll. Der Weg von der inneren Kultur zu einer Strategie kann je nach Lebensbereich und Zielorientierung aber auch geplant und systematisch erfolgen. Diese Erkenntnis kann man auf sämtliche Lebensbereiche übertragen: ob im Sport, in der Ernährung, in der Arbeit oder im allgemeinen Lebensstil. Wenn man gemäß einer Strategie handelt und diese nachhaltig verfolgt, wird das irgendwann Früchte tragen, ein Ergebnis zeigen oder einen ans Ziel bringen!

Wenn Sie mehr über Strategie- und Kulturentwicklung in Ihrem Umfeld wissen möchten, dann schauen Sie auf unserer Website unter Strategie um oder melden sich einfach bei uns: Kontakt.

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